Bitte, whoever, lass' es regnen!

 

Bitte, lass' es regnen!

 

Also immer, wenn ich einen Schlauch in ein Fass lege, um Wasser zu entnehmen, denke ich an meinen Vater. Ich hatte einst ein Aquarium. Und die bleiben nicht ewig sauber, die Hinterlassenschaften der Fische, abgestorbene Pflanzenreste etc. lagern sich am Grunde ab. Mein Vater zeigte mir, wie ich Wasser ansaugen konnte. Zielgerichtet lenkte ich die biegsame Röhre auf den schmutzigsten Ort am Grund und saugte - und raste zum Waschbecken.

 

Ein einziges Mal, war ich schneller am Lavabo. Und dies nur, weil der Weg kürzer war. Ein großer Schluck aus der Pulle mit 80%igem Strohrum musste entsorgt werden. Bloß weil ich meinen Bruder beeindrucken wollte. Apropos mein Bruder. Der hätte stets erstmal im klaren Wasser gesaugt.

 

Mein Vater spielte gerne. Gerne und gut. Und im Gegensatz zu mir beherrschte er die Strategieentwicklung. Ich spielte lieber auf gut Glück. Er gewann natürlich so gut wie immer. Als er merkte, wie doof ich das fand, gab er mir, die sichere Niederlage bereits vor Augen, die Chance die Spielseite zu tauschen. Und gewann auch in dieser aussichtslosen Situation wieder. Ich war nicht nur sauer, ich war megasauer!!!

 

Erst Jahre später, als ich einer intelligenteren Freundin, die zufällig(?) am gleichen Tag, wie mein Vater und ich Geburtstag hat, von diesem frustrierenden Erlebnis erzählte, brachte sie mich auf die Idee: „Vielleicht wollte er dir nur zeigen, dass man auch in aussichtsloser Lage gewinnen kann.“

 

Doch zurück zur Bitte um Regen. Derzeit leeren sich die Fässer ja leider in Windeseile. Dies hat, trotz alledem und alledem, den Vorteil, dass sich alle Nachbarn viel häufiger beim Füllen der Kannen treffen. Wir reden miteinander. So erzählte mir kürzlich der Mann mit dem schönsten Fahrrad, man müsse Pflanzen zur Durstlosigkeit erziehen. Lachend meinte er: „Aber doch rechtzeitig eine Kanne Wasser d'ran tun.“

 

Fassungslos staunte ich ihn an. Wieviele Pflanzen waren mir vertrocknet, weil ich ihnen tapfer zugesehen hatte, wie sie verwelkten. Dummerweise hatte ich mich an das Tabu Pflanzen nicht zu wässern gehalten.

 

Von dem Mann erhielt ich zudem zufälliog (?) eine erstaunliche Lektion in Sachen Flunkerei. Erstens: Wenn man wissentlich die Unwahrheit erzählt, geht man unliebsamen Diskussionen aus dem Weg. Zweitens führt die Lüge schlussendlich zu Aussage gegen Aussage. Dadurch erzielt man vor Gericht einen Vergleich, meistens.

 

Wiewiel Zeche hätte ich nicht zahlen müssen, wenn ich nicht immer dumm bei der Wahrheit geblieben wäre! Denn Wahrheit hat megaviele Aspekte, in die man sich perfekt verstricken kann. Realität ist trügerisch. Egal, ab sofort werde ich jedenfalls lügen, wenn mir das einen Vorteil bringt. Oder besser doch nicht. Passt nicht zu mir.

 

Und eines mag ich nun wirklich ganz und gar nicht: Mir so lange meine erfundene Version einreden, bis ich selbst daran glaube. Dies mag einen Lügendetektor irritieren, aber für mich heißt dies Gehirnwäsche. Pfui Deibel!

 

Jetzt habe ich vor lauter Grübeln das Wichtigste fast vergessen: Bitte, wer auch immer, lass' es regnen! Die Quelle ist versandet :-(